Ein wahrer Segen oder doch nur Stress?
Wahrscheinlich bewundert jeder von uns einen Sportler für sein Durchhaltevermögen, seine Disziplin oder seine Leistungen. Doch dreht sich bei jungen Sportlern nicht alles nur um den Sport. Sie müssen, wie die anderen Jugendlichen ihres Alters auch eine schulische Karriere hinlegen. Um herauszufinden, wie die Kombination von Leistungssport und Schule funktioniert habe ich zwei junge Leistungssportler interviewt: Die 16 jährige Mona Michels und den 20 jährigen Arne Janssens.
Mona ist Schülerin des 5. Jahres auf der Bischöflichen Schule in Sankt Vith und Turnerin im Leistungszentrum in Amel. Sie fing im Gegenteil zu Arne, der mit 12 Jahren zum Leistungssport „Mountainbike“ kam, schon im Kindesalter an. Sie war erst 5 Jahre alt als sie mit dem Leistungsturnen begann. Heute trainiert sie zwischen 15-20 Stunden pro Woche. Die Zeit zum Lernen findet sie dennoch ganz gut, denn ihre Hausaufgaben und Vorbereitungen für Tests macht sie nach dem Training. „Training habe ich immer von 16-19 Uhr und um 21 Uhr fange ich dann an für die Schule zu lernen oder Aufgaben zu machen. Da ich es nicht anders kenne, finde ich es auch nicht schwierig, beides zu kombinieren“, so erzählt sie mir.
Arne ist ein ehemaliger Schüler der Bischöflichen Schule und beantwortete mir die Frage, wann er für die Schule gearbeitet hat etwas anders :“Meistens war ich eh mit allem zu spät. Was aber nichts mit dem Sport zu tun hatte. Ich habe immer versucht vieles schon im Unterricht zu verstehen und das reichte mir meistens schon. Größere Aufgaben an denen ich länger arbeiten musste, waren dann halt schwieriger.“. Beide sind sich jedoch einig, dass wenn man die Kombination schaffen möchte es auch schaffbar ist.
Ich sprach mit Mona über den Mythos „Wer Leistungssport macht, wird aus diesem Grund auch in der Schule disziplinierter“, und sie stimmte dem zu „Ich glaube durch den Leistungssport bekommt man eine gewisse Disziplin mit auf den Weg gegeben, die man auch in der Schule fortsetzt. Bei uns im Leistungszentrum gab es meines Wissens nach auch noch nie jemanden, der durchgefallen ist.“.
Arne kann dem jedoch nicht komplett zustimmen „Das kann ich nicht zu 100% bestätigen. Ich muss aber sagen, dass ich auf Effizienz setze und nicht auf Dauer von einem Training. Dasselbe mit der Schule: Wenn ich dann sowieso da bin, kann ich die Zeit auch sinnvoll nutzen. Was aber nicht bedeutet, dass ich dann auch das Verlangen danach hatte, in der Schule der Beste zu sein.“.
Für Mona ist die nächste Frage, was Priorität habe etwas schwieriger zu beantworten: “Eigentlich Schule, aber eigentlich auch Turnen“, zögert sie und kommt dann doch zu den Entschluss, dass die schulischen Leistungen etwas wichtiger seien. Für Arne ist die Frage leichter zu beantworten: “Schule erst abrunden, damit man mit einem guten Gewissen seine Zeit in die Karriere stecken kann. In meinem Fall weiß ich, dass ich mit meinem technischem Abitur direkt Arbeit finden kann. Aber wenn man die Chance hat, Leistungssport auf höchstem Niveau zu machen, sollte man es auf jeden Fall tun. Arbeiten kann man noch lange genug. Der Sport hat mir in den letzten Jahren schon so vieles gelernt, wovon ich mein ganzes Leben profitieren werde.“.
Die Antworten der beiden Sportler auf die nächste Frage hat mir bestätigt, dass die BS definitiv gut mit ihren Leistungssportlern zusammen arbeitet. „Die BS unterstützt mich mega! Ich darf manche Stunden ausfallen lassen um zum Training zu gehen, muss diese aber natürlich trotzdem nachschreiben. Auch darf ich Schulsportstunden vor wichtigen Wettkämpfen fallen lassen“, erzählt mir Mona und fügt noch hinzu, dass sie von anderen Leistungssportlern weiß, dass das nicht auf jeder Schule der Fall ist: “Andere Schulen machen einen Riesenaufstand, wenn Schüler wegen ihrem Sport früher gehen müssen aber da machen die hier wirklich kein Problem“. Arne erzählt mir Ähnliches: “Ich glaube nicht, dass es einen Grund gibt einem Sportler Probleme zu machen, wenn dieser ein paar Tage im Jahr fehlt. Solange alle Projekte eingereicht und Tests geschrieben werden, ist ja alles in Ordnung. Auf der BS habe ich nie wirklich Probleme gehabt, wenn ich ab und zu gefehlt habe. Ich habe aber auch immer alles mit einem Attest vom Sportverband hinterlegt, damit sie keine Probleme bekommen konnten wegen der Versicherung.“
Um zu meiner Grundfrage zurück zu kommen, frage ich die Beiden, ob sie glücklich sind, dass sie beides: Leistungssport und Schule machen können/konnten oder ob es auch oft stressig ist/war. Sie antworten mir aber beide fröhlich, dass sie sehr zufrieden und glücklich damit sind.
Foto: Cycling Media/ Allesandro Volders
Zum Schluss frage ich die beiden etwas unterschiedliche Fragen, da Mona noch auf ihr Abitur hinarbeitet und Arne bereits ein Studium gestartet hatte.
„Möchtest du nach deinem Abitur studieren gehen und gibst du den Sport dann auf ?“, frage ich Mona. „Ja, nach meinem Abitur möchte ich gerne studieren gehen. Beim Turnen hören eigentlich alle nach dem Abitur auf. Aber am liebsten möchte ich es natürlich schon irgendwie so kombinieren, dass ich dann noch turnen kann aber wenn ich bis dahin meine gewünschten Ziele in der Turnwelt erreicht habe, bin ich zufrieden und auch bereit aufzuhören“, antwortet sie mir.
Arne habe ich die Frage gestellt, ob er vor Beginn seines Studiums darüber nachgedacht hatte mit dem Sport aufzuhören, worauf ich jedoch schnell eine klare Antwort erhalte: “Nein, Sport kam nach dem Abitur an erster Stelle.“ Schwieriger wurde es dennoch, wenn man plötzlich Studium und Leistungssport kombinieren muss. „Ab dem Moment an dem man nicht mehr zu Hause wohnt wird alles schwieriger. Zum Radsport gehört auch, nach fast jedem Training das Waschen der Kleider und das Putzen von Material. Wenn man dann in einem kleinem Kot lebt, wird das nicht gerade einfach. Dazu kommt, dass man gesund essen muss. Bei mir war es Schule, Essen einkaufen, trainieren, alles sauber machen, kochen, essen und schlafen. Wenn man dann ein Studium macht, was einem nicht zu 100% gefällt, hat man irgendwann keinen Bock mehr“, erzählt er mir.
Aus diesen Interviews ziehe ich das Fazit, dass es bestimmt ein bisschen Stress ist, Leistungssport und Schule miteinander zu kombinieren, aber ich habe den Eindruck, dass junge Leistungssportler diese Ausnahmesituation, in der sie sich befinden, gar nicht als Ausnahmesituation ansehen, sondern damit groß geworden sind und alles mit Freude in Kauf nehmen um ihrer großen Leidenschaft nachzueifern.