Von Luka Hennen
Es war nur ein kleiner, eher gestammelter als gesprochener Satz, der ihn innerhalb einer Nacht weltbekannt machte. Günter Schabowski, der heute, am 1. November 2015, im Alter von 86 Jahren verstorben ist.
Am 9. November 1989 fiel die Berliner Mauer. Das wissen wahrscheinlich die meisten Jugendlichen. Weniger klar ist für deren Mehrheit der Hintergrund dieser „Revolution“.
Günter Schabowski war sich seiner zentralen Rolle, mit der er Geschichte schreiben sollte, gar nicht bewusst, als er als SED-Funktionär bei einer Pressekonferenz am 9. November 1989 die Öffnung der Berliner Mauer verkündete. Geplant war die Vorstellung einer neuen Reiseregelung für die DDR. Diese sollte zukünftig die Reise in den Westen ermöglichen. Auf Nachfrage eines Journalisten, wann diese Regelung denn in Kraft treten solle, antwortete der nicht genug informierte Schabowski:
„Das tritt nach meiner Kenntnis… ist das sofort… unverzüglich.“
Grammatiklehrer hätten ihn für diesen Satzbau wahrscheinlich am liebsten bestraft, doch gerade diese gestammelte Aussage machte das vorher Unvorstellbare möglich. Noch am selben Abend sammelten sich alleine in Berlin zehntausende Bürger vor den Grenzanlagen. Sie verlangten die Einreise in den Westen und beriefen sich dabei auf Günter Schabowskis eher „unfreiwillige“ Äußerung. Die Beamten waren nicht auf diese drängenden Menschenmassen vorbereitet, sollte diese neue Reiseregelung doch erst am darauffolgenden Tag in Kraft treten. Noch am Abend selbst fiel die Mauer.
Günter Schabowskis Antwort ging in die Geschichte ein und wird heute als Grundstein der Grenzöffnung gesehen.
Schabowski wurde am 4. Januar 1929 in Anklam/Mecklenburg-Vorpommern geboren. In jungen Jahren als Journalist tätig, trat er 1984 der sozialistischen Einheitspartei Deutschlands (SED) bei und übernahm im darauffolgenden Jahr die Leitung des SED-Bezirks Berlin.
Nach seiner Äußerung auf der Pressekonferenz, versuchte Schabowski als einer von wenigen SED-Mitgliedern, die Wende voranzutreiben, wurde aber 1997 vom Berliner Landesgericht als Beteiligter an den schrecklichen Taten und Aktionen, die im Zuge des DDR-Grenzregimes begangen worden waren, zu einer dreijährigen Haft verurteilt. Er wurde 2000 begnadigt und entlassen.
In den darauffolgenden Jahren setzte sich Günter Schabowski immer wieder öffentlich mit der SED und der DDR auseinander und beteuerte sein Schuldempfinden. In diesem Zuge schrieb er auch mehrere Bücher. Bundespräsident Gauck äußerte sich zu Schabowskis Tod wie folgt:
„Lange Jahrzehnte war er eine Führungsfigur im Kreis meiner Unterdrücker. […] Später lernte ich einen Mann kennen, der über Fehler, Abgründe und wie er selbst sagte ‚Verblendungszusammenhänge‘ nachdachte und schrieb“.
Für besondere Aufmerksamkeit sorgte vor einigen Monaten auch der private Verkauf des legendären Notizzettels Schabowskis von der Pressekonferenz. Das Museum „Haus der Geschichte“ in Bonn hatte den Zettel im vergangenen April für 25.000 Euro erworben.