Quoten vor Wahrheit – Wie glaubwürdig sind die Medien?

Quoten vor Wahrheit – Wie glaubwürdig sind die Medien?

Dieser kritische Kommentar stellt keine Meinungsmache dar, sondern spiegelt allein die Meinung des Autors wider!

 

Von Luka Hennen

Immer öfters wird die Moral und die Intelligenz von Personen am Konsum von Nachrichten und Medien festgemacht. Allen voran: die Tagesschau, das „Non plus ultra“ der deutschen Medienwelt, das Höchste der Seriosität. Doch sie und ihre verwandten Sendungen zeigen uns nicht immer ein vollständiges Bild des Weltgeschehens. Sie lenken die Zuschauer … und sind sich dessen bewusst.

Die Zuschauer meist nicht. Wenn sich die Familie laut Klischee abends zur Tagesschau im Wohnzimmer versammelt, dann tut sie das mit einem Ziel: wissen, was in in der Welt los ist. Immer mehr kristallisiert sich die Überzeugung heraus, dass die Themen, die in den Nachrichten präsentiert werden, die Wahrheit widerspiegeln. Film gleich Wahrheit, so die Schlussfolgerung vieler. Doch es ist nicht der Wahrheitsgehalt der Reportagen, den ich hier anzweifeln möchte, obgleich die Analyse von Video und Ton ebenso verführerisch wie interessant ist. Vielmehr ist es eine Tatsache, die von einem Großteil der Zuschauer immer mehr verdrängt wird: Nachrichtenpolitik ist Auswahl.

Eine Vielzahl von Redakteuren diskutiert stundenlang über die in den Nachrichtensendungen zu beleuchtenden Themen. Dass dabei ebenso wichtige Themen quasi „ausgesondert“ werden, ist ohne Zweifel. Die Ansicht, dass dies bei den seriösen Nachrichtenprogrammen nicht der Fall sei, zeugt von Naivität. Natürlich müssen die Sender aus der Flut der Meldungen und Schlagzeilen herausfiltern. Natürlich stehen sie vor der Aufgabe, das Wichtigste vom Weltgeschehen während einer oftmals nur zehnminütigen Sendezeit zu präsentieren – und sie müssen dabei ihre Produktion auch noch kurz- und keinesfalls langweilig verpacken. Doch wie bereits angedeutet steckt hinter dem freundlichen Bild der Nachrichten auch ein durchplantes Netzwerk aus Organisationen, die natürlich auch die Zuschauerquoten nicht aus den Augen verlieren dürfen.

Wie gewinnt man Publikum? Grundregel 1: Die Aktualität muss gewährleistet sein. Grundregel 2 – und diese ist fast wichtiger, als die erste: Es müssen Themen sein, die die Menschen bewegen, die sie in ihren Bann ziehen. So werden Sensationen oftmals in den Mittelpunkt gerückt. Ein treffendes Beispiel war die Meldung des gestrandeten Leichnams von Alan Kurdi, einem Flüchtlingskind. Diese Meldung verbreitete sich innerhalb weniger Minuten in den internationalen Medien. Überall stand die Tragödie im Mittelpunkt. Andere Themen, oftmals ebenso wichtig, verloren an Wichtigkeit, schienen nun nicht mehr nennenswert.

Wirklich konkret wurde diese Tatsache während den Attentaten in Paris. Europäische Medien berichteten nur noch über die Anschläge in Paris. Schießereien und Massentötungen in den Krisengebieten Syriens, die die Menschen dort in Trauer und Verzweiflung stürzen, werden verdrängt, finden in den Nachrichtensendungen keinen Platz. So wird den Zuschauern ein Bild der Welt gezeigt, das nicht ganz der Wahrheit entspricht. Die Reaktion und das Empfinden der Menschen wird dadurch gesteuert und der tragische Anteil, der Mitgefühl bei den Zuschauern hervorrufen soll, manupuliert. Zwei Wochen später ist der Trubel in Paris von den Nachrichtensprechern scheinbar vergessen. Andere Meldungen dominieren die Sendezeit… und damit auch den Fokus der Zuschauer. Dass solche Meldungen wie durch eine Art Schneeballsystem die Medienwelt im Sturm erobern können, ist auch auf den Konkurrenzkampf der verschiedenen Sender zurückzuführen. Wir kennen es alle aus dem Alltag: Was der eine hat, das will der andere auch. Und so schauen auch Nachrichtenagenturen voneinander ab, orientieren sich an den Berichten und Reportagen der Kollegen.

Fest steht, dass wir uns nicht durch die in einer einzelnen Sendung gepriesenen Themen und Beiträge beeinflussen lassen sollten. Vielmehr ist es unsere Pflicht, mehrere Quellen zu Rate zu ziehen und abzugleichen. Gleichzeitig müssen wir auch über den Tellerrand hinweg schauen und auch internationale Medien konsultieren, beziehungsweise mehrere Ausgaben. Vor allem in einer Region, in der ein Großteil der Bevölkerung nur deutsche Nachrichten und Programme konsumiert, ist es umso wichtiger, auch belgische Stimmen zu Wort kommen zu lassen und mit seinem „deutsch geprägten“ Bild der Welt zu vergleichen. Abschließend bleibt zu sagen, dass man stets kritisch mit sich selbst, aber umso mehr mit den Massenmedien sein sollte.