Egal wo auf der Welt, es gibt immer Unterschiede: Sei es die Religion oder die verschiedenen Kulturen, doch genau das macht die Welt so wunderbar facettenreich. Doch gibt es immer wieder Menschen, die diese Vielfalt nicht aushalten. Sie sehen die Menschen nicht als gleich und gleichwertig an. Sie machen Unterschiede auf Grundlage von Hautfarbe, Religion oder andern Merkmalen, für die der Einzelne nichts kann. Ein sehr bekanntes und fatales Beispiel: der Nationalsozialismus und sein rassistischen Wahnvorstellungen, die zur Judenverfolgung und zur massenhaften Tötung der Juden führte.
Da es nach all den Jahren immer noch ein sehr wichtiges Thema ist, haben wir die Ausstellung „Massenerschießung“ im Triangel besucht.
Viele denken, dass das Vergangene vergangen ist und sind gelangweilt von diesem Thema. Doch wenn man nur ein bisschen um sich guckt, dann sieht man, heute ist es immer noch aktuell.
Ein großer Teil der Ausstellung drehte sich um Karl Pütz, einen Aachener Juristen. Er war in den 1930er Jahren einwichtiger nationalsozialistischer Propagandist in Eupen-Malmedy, also jemand, der politische und weltanschauliche Werbung für die menschenfeindliche Ideologie der Nazis machte.
Er baute unter anderem Gruppen der Hitlerjugend und des Bundes der deutschen Mädel auf, um so für den Nationalsozialismus, die Diktatur, Hitler und den Hass gegen andere Menschengruppen wie die Juden, die Sinti, Roma, Schwule und Lesben u.a. zu werben. Ab 1941 war verantwortlich für die Ermordung von mindestens 35.000 Menschen.
Einige Tage nach der Ausstellung besuchten wir wieder das Triangel. Nun präsentierte Sascha, ein rechtsradikaler Aussteiger aus Deutschland, seine Lebensgeschichte. All das brachte er bewegend und authentisch rüber.
Beide Veranstaltungen regen zum Nachdenken an. Schnell verurteilen wir jemanden anhand seines Aussehens, doch kann man für seine Herkunft oder seine Mentalität etwas?
Um der Sache auf den Grund zu gehen habe ich den Leiter des Zentrums für Ostbelgische Geschichte, Carlo Lejeune, telefonisch interviewt.
LM: Wieso ist dieses Thema noch immer so wichtig?
Carlo Lejeune (cle): „Die Ausstellung war für uns sehr spannend, weil wir durch die Geschichte der 1930er Jahre hier bei uns zeigen können, wie rechtsextreme Verführer mit einfachen Wald- und Wiesenspielen Jugendliche einlullen und wohin diese menschenfeindlichen Worte dann führen. Auch heute lassen wir uns, unabhängig vom Alter, von den neuen Parolen dieser Verführer aufstacheln. Die Geschichte zeigt uns aber, dass es nur zwei Grundhaltungen gibt, für die wir uns entscheiden müssen: Für Menschenfreundlichkeit auf Grundlage der Menschenrechte oder für Menschenfeindlichkeit, die zu Willkür und Unterdrückung führt.“
LM: Warum muss man immer wieder neu darauf hinweisen?
Cle: In Europa haben unzählige Menschen während mehr als 150 Jahren für die Demokratie gekämpft. Viele haben diesen Kampf mit ihrem Leben bezahlt. Das Wesen der Demokratie ist die Gleichheit aller Menschen und der Respekt vor der Würde des Menschen. Wir leben heute in großem Wohlstand. Die Werte der Demokratie sind nicht mehr so wichtig. Menschenrechtsorganisationen finden beispielsweise deutlich weniger Anklang als in den 1970er oder 1980er Jahren. Demokratie verlangt aber den Einsatz all seiner Bürger für das gute Zusammenleben der Menschen. Dazu gehört auch die Offenheit für Menschen, die in großer Not leben, wie z. Bsp. Kriegsflüchtlinge. Wir müssen gar nicht so weit zurückblicken, um zu erfahren, wie Kriegsflüchtlinge gedacht und gefühlt haben. Fast alle über 80jährigen in der belgischen Eifel können davon berichten, da sie selber Kriegsflüchtlinge waren.
LM: Warum geht unsere Jugend mit diesem Thema nicht so ernst um?
Cle: Ich glaube nicht, dass ich mir vorstellen kann, was es heißt, in einer Diktatur zu leben. Ich erwarte auch nicht, dass Jugendliche das können. Wichtig ist aber, dass die Mehrheit der Menschen nicht frei reden können, nicht frei wählen können, nicht frei leben können. Rechts- oder linksextreme Weltbilder streben aber genau das an: die massive Beschneidung von Freiheit. Zunächst von der Freiheit der anderen, die uns nicht gefallen. Später geht es um die Eingrenzung der Freiheit aller.
LM: Wohin kann das denn führen?
Cle: Stellt euch vor, alle Menschen mit blonden Haaren oder alle Frauen oder alle Männer würden nach und nach aus der Gesellschaft ausgeschlossen: Sie dürften nicht mehr ins Kino, nicht ins Restaurant und auch nicht zu einer Party. Und das alles nur, weil sie die falsche Haarfarbe haben. Das können wir uns gar nicht vorstellen. Aber genau so war es damals mit den Juden. Vielen syrischen Flüchtlingen geht es genauso.
LM: Was können wir dagegen tun?
Cle: Einfach etwas Zivilcourage zeigen, wenn jemand wegen seiner Herkunft, seiner Religion oder sonst einem Grund blöd angemacht wird. Wir haben die Zettel verteilt mit den Argumenten gegen Fremdenfeindlichkeit: Alle Menschen sind frei und gleich an Rechten und Würde geboren. Desto mehr Menschen den Mut haben, mit diesen Worten zu widersprechen, desto mehr können wir die Toleranz in der Welt stärken und unvoreingenommener miteinander umgehen.
Lena Margraff 5.A1