Leo Veithen, die Festrede:
“Von der ehrfurchtsvollen Festung Schule zum Haus des Lernens ..."
 
 

 
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Das Ehrenamt an BS und TI
 
  Leo Veithen, ehemaliger Direktor des TI (1969-1994), Vorsitzender des “Schulträgers” VoG “Bischöfliche Schulen in  der DG”, sprach als Festredner beim Festakt zum 75 jährigen Geburtstag.



Werte Gäste,
Liebe Schulgemeinschaft der Bischöflichen Schule und des Technischen Institutes
Meine Damen und Herren
 
Die Gründung der Bischöflichen Schule im Jahre 1931 wurde wesentlich getragen von der Einsicht, dass eine höhere Schule im Raume St. Vith  nicht nur lebensfähig, sondern auch lebenswichtig sei für die Vermittlung höherer Bildungswerte und somit beitrage zur kulturellen Entfaltung der Gegend.
Wenn auch die Gründerjahre sich als sehr schwierig, vor allem im finanziellen Bereich, erwiesen und dazu noch die Kriegsereignisse der Jahre 40-45, so wurde 1945 die Weiterführung der Bischöflichen Schule, zuerst in Montenau, dann ab den 50er Jahren wieder in St. Vith, als einen Meilenstein im Bildungsauftrag der katholischen Kirche angesehen.
Unter schwierigen Voraussetzungen und Opfern wurden in den der 50er Jahre  die materiellen Voraussetzungen für einen immer größer werdenden Schulbetrieb geschaffen. Zur gleichen Zeit aber lief der Kampf um den Fortbestand der freien Schulen, deren Existenz letztlich im Schulpaktgesetz von 1958 abgesichert wurde.
 
Die 60er Jahre brachten dann die Erweiterung des Studienangebotes. Neben der der Studienrichtung Latein-Griechisch und der Modernabteilung wurde die Oberstufe des Gymnasiums weiter ausgebaut durch die Einführung der Abteilungen Latein-Mathematik u. die Wissenschaftlichen Abteilungen. Zugleich wurde neben der im Jahre 1949 gegründeten Landw. Abteilung die technisch-berufliche Ausbildung erweitert. Dies mündete in der Gründung einer eigenen Schule, das "Technische Institut".
 
Bleibt auch zu erwähnen, dass die Schule sich für Mädchen öffnete: in Vereinbarung mit der MG-Schule, welche die Ausbildung für Mädchen organisierte, wurden die Oberstufe der math.-naturw. Abteilungen für Mädchen geöffnet, und die wirtschaftlichen Abteilungen an der MG für Jungen.
In diesem Zusammenhang stellte sich auch die Frage der Demokratisierung des Unterrichtswesens: Eliteschule oder Schule für alle. Zudem tauchte die Frage des Sprachengebrauchs auf. In diesen Diskussionen hat die BS maßgeblichen Anteil genommen und der Diskussion viele Impulse gegeben.
 
 
Als Folge der Demokratisierung wurde 1978  dann die Reform des Unterrichtes eingeleitet: der Erneuerte Unterricht.
Nicht nur in seiner Struktur – anstatt in zwei wurde der Sekundarunterricht in drei Stufen aufgeteilt – sondern auch im pädagogischen Alltag wurden neue Möglichkeiten gegeben. Viele Fächer und Wahlmöglichkeiten zur Beobachtung der Fähigkeiten und Interessen des Schülers tragen zur besseren Orientierung bei. In der 2. und 3. Stufe bieten sich dem Schüler Wahlfächer an, so dass er, vor allem im Gymnasium, Schwerpunkte in seinem Studiengang legen kann.
 
Die 80er Jahre gestalteten sich etwas schwieriger. Nicht nur die Einführung des Erneuerten Unterrichts – und damit verbunden der Ausbau der Oberstufe am TI - erforderte viel Engagement seitens der Lehrer. Auch die materiellen Voraussetzungen für einen guten Unterricht mussten geschaffen werden. Woher diese Mittel nehmen, wo neben anderen Sparmaßnahmen auch die Funktionsgelder gekürzt wurden. Andrerseits sank die Schülerzahl (Geburtenrückgang), was weniger finanzielle Mittel bedeutete, die Kosten stiegen und aufwendige Kredite bezahlt werden mussten.
 
Dann kam die Vergemeinschaftung des Unterrichtswesen. Gelegenheit für die DG neue Maßstäbe zu setzen.
So wurden die Funktionszuschüsse erhöht, ein neues Infrastrukturdekret gab den Schulen mehr Möglichkeiten durch eine 80% Subventionierung. Das hat der Schule, trotz finanzieller Belastungen der Kredite für die Altbauten, gestattet Renovierungs-, Umbau- und Unteraltsarbeiten durchzuführen.
Zudem wurden die Cybermediaklassen eingerichtet, dann dank der Unterstützung durch die DG und vor allem durch die Fördergemeinschaft der BS, wurde eine Mediothek aufgebaut, die als beispielhaft für andere Schulen gilt. Zu erwähnen bleibt auch die materielle Unterstützung durch die Industrie und der hiesigen Betriebe in der technisch-beruflichen Ausbildung, so wie die gute Zusammenarbeit mit dem ZAWM, so dass hier zeitgemäße Werkstätten zur Verfügung stehen. Nach der nun vollzogenen Renovierung der Wissenschaftsklassen bleibt noch der Ausbau der Werkstätten und die dringende Erweiterung der Schreinerei; dann steht der Schule insgesamt eine Infrastruktur zur Verfügung, die einen wertvollen Unterricht gewährleisten kann.
 
Man muss den Entscheidungsträgern, den Verantwortlichen vor Ort, und allen,  die im Laufe der Jahre viel Arbeitskraft, Phantasie, kritisches Mitdenken und Tatendrang in dieses Werk gesteckt haben, nur Bewunderung und Respekt zollen und ihnen allen Dank aussprechen. Ich bin sicher, dass sie alle aus den begrenzten Möglichkeiten und den Umständen, in denen niemand aus dem Vollen schöpfen konnte, das Beste gemacht und erreicht haben.

Meine Damen und Herren.
 
In den letzten 25 Jahren vollzog sich eine rasanter gesellschaftlicher Wandel, der die Schulen vor neue Herausforderungen stellte. Individualisierung, Säkularisierung, Übergang in die Mediengesellschaft, Wandel des Familienbildes... sind nur einige Stichworte, die aber allesamt ihren Einfluss auf Schule, Schulgestaltung und Schulleben haben.
Lassen sich mich 2 Punkte etwas näher beleuchten.
 
In der internationalen Forschung ist man sich heute einig, dass es in der
Schule nicht nur mehr um die Ausbildung intellektueller Fähigkeiten geht. Förderungswürdig sind genau so emotionale, kommunikative und soziale Kompetenzen. Die altbewährte Arbeitsteilung, mit der die Familie erzieht und die Schule bildet, funktioniert nicht mehr, so dass die Schule ihren klassischen Bildungsauftrag mit einem breiteren erzieherischen Rahmen anreichern muss. Bei der Umsetzung dieser Ziele sind freilich auch Lehrer überfordert. Als Wissensvermittler ausgebildet soll er ein Experte in allen fachlichen, sozialen und psychologischen Fragen sein.
Kaum eine andere Einrichtung hat für die Zukunft des Einzelnen und für die Gesellschaft eine weiterreichende Bedeutung als die Schule, und keinem anderen Berufsstand fällt dabei eine solche Schlüsselfunktion zu wie der Lehrerschaft. Folglich muss es im Interesse der Gesellschaft liegen, Schule mit allen erforderlichen Mitteln und bestem Personal auszustatten.
Die Lehreraus- und Weiterbildung kann nicht gut genug und zeitgemäß sein.. Hier kann nicht genug investiert werden, um dem Lehrer das nötige Rüstzeug an die Hand zu geben, damit er den Herausforderungen gewachsen bleibt.
Der Lehrer muss in seiner täglichen Arbeit unterstützt werden. Ihm müssen nicht nur materielle und didaktische Mittel zur Verfügung stehen, er muss auch auf Beratung und Ansprechpartner zurückgreifen können, wobei die Arbeit im Team von großer Bedeutung ist. Hier hatte der RU die Gruppenarbeit damit honoriert, dass dem Lehrer eine Unterrichtsstunde pro Woche dafür angerechnet wurde. Der Lehrer fühlte sich nicht allein gelassen und konnte mit den Kollegen austauschen. Leider ist diese Stunde, wie  auch andere sinnvolle Erneuer-rungen, durch Sparmaßnahmen der damaligen Nationalregierung zum Opfer gefallen.
 
Wenn der Schule neue Aufgaben zugewiesen werden, dann müssen zur gleichen Zeit die Bedingungen dafür geschaffen werden, damit dies auch zumutbar bleibt. Unsere Kernaufgabe, die Vermittlung von Grundkenntnissen, darf nicht in den Hintergrund gedrängt werden. Man darf nicht alle Probleme, die anderswo entstehen, auf die Schule verlagern. Dabei müssen wir auch den Mut haben, Grenzen zu setzen, denn die Schule kann nicht die Probleme lösen, die die Gesellschaft lösen muss.
 
Ziel unserer Aufgabe ist es zudem, alle Schüler zu fördern, besonders die schwächsten unserer Gesellschaft, und jeden dahin bringen, wozu er fähig ist. Aber man muss auch fordern können, und jene, die Möglichkeiten haben, zu höherem motivieren, damit auch weiterhin junge Menschen verantwortungsvolle Aufgaben im späteren Leben in Kirche und Gesellschaft übernehmen.
 
 
Wir sind nicht nur Schule im weitesten Sinne; wir sind auch eine katholische Schule.
Und da bin ich bei meinem 2. Punkt angelangt.
 
Die Gründung der BS im Jahre 1931 geschah im Auftrag des Bischofs und die Schule wurde somit als katholische Schule bezeichnet. Dies fand ihren Niederschlag vor allem an der Vielzahl der Priester, die dort unterrichteten.
Aber die Zeiten haben sich geändert: der Laie übernahm immer mehr den Platz des Priesters ein. Wenn im Jahre 1980 hier an der BS noch 8% der Lehrerschaft Priester waren, so ist heute nur mehr ein Priester teilzeitig in der Schule tätig. Dies hat nicht nur das äußere Erscheinungsbild der Schule geprägt, sondern der Erziehungsauftrag musste neu überdacht und definiert werden, ohne jedoch das christliche Fundament anzutasten.
Daher stellt sich für uns als Schulträger die Frage, wie können wir den Charakter einer katholischen Schule wahren und wie können wir vor allem die Lehrerschaft in den Auftrag zur christlichen Erziehung einbinden.

 
Gehen wir davon aus, dass jede Form von Pädagogik und jedes erzieherische Handeln grundsätzlich eine bestimmte Weltanschauung voraussetzt, so ist der katholischen Schule die christliche Weltanschauung vorgegeben. Es geht also vor allem darum, welche Sicht vom Menschen die pädagogische Arbeit prägen soll. Jede Lehrperson und jeder Erzieher sollte sich also fragen, welche Orientierung die eigene Tätigkeit hat. Darüber hinaus müssen sich die Erzieher die Frage gefallen lassen, wie ihre Bildungs- und Erziehungsaufgabe in das Gesamtkonzept der katholischen Schule passt. Die Schule muss sich als eine Gemeinschaft darstellen, in der die Werte durch echte persönliche Beziehungen zwischen allen Akteuren in der Schule und durch eine nicht nur von einzelnen, sondern von allen Mitgliedern getragene Weltanschauung, die den Geist der Schule prägt, vermittelt werden.
Es wird unerlässlich sein und bleiben, das Personal in dieser ihr zugemessenen Aufgabe zu stärken und durch eine angemessene Pastoral zu sichern. Sie muss bei den Erziehern die Bereitschaft  zum christlichen Lebenszeugnis stärken, aber auch die Fragen aufgreifen, die ihr besonderes Apostolat betreffen, vor allem die christliche Sicht von Welt und Kultur, und eine Pädagogik die sich nach den Grundsätzen des Evangeliums richtet. Hier liegt noch ein weites Arbeitsfeld für alle, die Verantwortung für die katholische Schule tragen.
 
Werte Festversammlung,
 
Die Geschichte der BS zeigt eine Entwicklung, die typisch ist, vor allem für ältere Schulen: von der ehrfurchtsvollen Festung Schule zum Haus des Lernens, zu einem Ort, wo man nicht nur für das angeblich später beginnende Leben lernt, sondern wo sich das Leben schon hier und heute abspielt, und wo sich alle wohlfühlen. So hat sich die BS zum Eckpfeiler in der Schullandschaft der DG entwickelt und sie erfüllt hier ihren Bildungsauftrag im Dienste der Jugend und trägt somit bei zur kulturellen Entfaltung unserer Heimat .
 
Wir gratulieren der Schulgemeinschaft von BS und TI zum 75-jährigen. Und wenn wir heute gratulieren, dann wollen wir vor allem unseren Dank aussprechen an alle, die in irgend einer Weise zur Entfaltung und Entwicklung der Schule beigetragen haben. Danke auch an alle, die heute noch in der täglichen Arbeit zum Wohle der Schule beitragen. Wir schließen auch alle ein, die in irgendeiner Weise ehrenamtlich im Dienste der Schule stehen.
 
Wir wünschen allen Zufriedenheit in ihrer Arbeit:
den Verantwortlichen und der Schulleitung weise Entscheidungen;
dem Lehrpersonal und den Erziehern die besten Erfolge in ihrer pädagogischen Tätigkeit;
den Schülern die Erkenntnis, dass es sich lohnt, nach Höherem zu streben
und den Eltern Vertrauen in der Erziehungsaufgabe der Schule.
 
Uns allen, meine Damen und Herren, die wir zum Festtag erschienen sind, wünsche ich nun noch einige frohe Stunden in unserer mit 75 Jahren noch junggebliebenen BS.

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